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Aktuelle Meldungen vom Freien Institut für Bildung e.V.

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Café Philo: Die Grenzen der Vernunft

Die Vernunftkritik der Psychoanalyse

Sigmund Freud, der Entdecker (oder Erfinder) der Psychoanalyse, hat immer wieder betont, dass es zwei Grundbehauptungen sind, die sie tragen und die diesseits aller Schulstreitigkeiten ihren Zusammenhang herstellen. Das ist zum einen die Behauptung des Unbewussten als eines seelischen Bezirks, der wesentlich zu uns gehört, der uns aber nicht gehört. Große Teile unserer Lebensäußerungen lassen sich nur unter der Annahme eines Unbewussten verständlich machen, obgleich wir direkt nichts darüber wissen können, und es allein durch die entstellten Spuren, die es in unserem Bewusstsein hinterlässt, gegenwärtig ist. Die zweite These lautet, dass das Zusammenspiel der psychischen Systeme, zu denen eben auch das Unbewusste gehört, zu großen Teilen triebbestimmt ist. Die Vernunft wird also von zwei Seiten angegriffen. Von der einen Seite wird ihr bedeutet, dass ein großer Teil dessen, was den Menschen ausmacht, ihr nicht zu Bewusstsein kommt. Und auf der anderen wird behauptet, dass sogar der bewusstseinsfähige Teil des Seelenlebens nach Regeln funktioniert, die nicht die ihren sind.

Allerdings wäre es zu kurz gegriffen, das Unbewusste und den Trieb einfach als das Gegenteil der Vernunft aufzufassen. Zum einen war Freud kein Irrationalist, sondern rationaler Wissenschaftler. Der Vernunft Grenzen zu setzen hieß für ihn, sie zu überschreiten und die Reichweite der Vernunft auszudehnen. Zum anderen werden die Grenzen zwischen Vernünftigem und Irrationalem stets auch gesellschaftlich festgelegt. Selbst der scheinbare Inbegriff des Irrationalen: der Wahnsinn ist auch eine gesellschaftliche Konstruktion. Bestimmte religiöse Praktiken erschienen zweifelsohne als irrsinnig, wenn sie nur ein einziger ausübte. Und einige unserer vermeintlich höchst rationalen Praktiken – man denke etwa an Experimentieranordnungen wie im CERN – würden anderen, älteren Kulturen ebenso zweifellos als
irrwitzig erscheinen.

Dienstag, 10.1.2023, 19.00
Arthur, Hohe Str. 33, 09112 Chemnitz

Moderation: Jan Friedrich, Wolfram Ette
Der Eintritt ist frei

Das Café Philo ist eine Kooperation zwischen dem Freien Institut für Bildung e.V. und der Volkshochschule Chemnitz

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Written by wolframette

5. Januar 2023 at 21:31

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